Jedes Herz sollte Einheit ausstrahlen

Eine Freundin, die mit Dr. Martin Luther King Jr. marschierte habe ich einmal gefragt, wie er sei. Sie sagte: „Sein ganzes Herz strahlte Einheit aus.“

Ich habe ihre Antwort nie vergessen. Dann, lange nachdem sie mir von Dr. Kings Herzen erzählt hatte, stieß ich auf diese auffallend ähnliche Stelle in den Bahá’í-Schriften:

„Aus jedem Herzen sollte Einigkeit hervorstrahlen, damit das Licht des einen göttlichen Ursprungs aller hell und glänzend scheine. Wir sollten nicht nur die einzelnen Wogen sehen, sondern das ganze Meer. Wir sollten uns vom Einzelnen zum Ganzen erheben. Der Geist ist wie ein großes Meer, und seine Wogen sind die Seelen der Menschen.“ (1)

 

Das haben natürlich Dr. King, Gandhi, Buddha, Christus, Bahá’u’lláh und alle Propheten und Gründer der großen Glaubensrichtungen der Welt getan: Sie haben Wege gefunden, sich „vom Einzelnen zum Ganzen zu erheben.“ Sie haben ihre eigenen persönlichen Sorgen überwunden, sind über die einzelnen Wellen des Meeres hinausgegangen und haben ihr Leben in einen großen Ozean geistiger Liebe und Einheit verwandelt. Sie sprachen zur ganzen Menschheit.

Habt ihr jemals darüber nachgedacht, was dazu nötig ist?

Die meisten von uns stehen morgens auf und machen sich daran, uns und unsere Familien zu versorgen und auf jede erdenkliche Weise daran zu arbeiten, über die Runden zu kommen. Wir engagieren uns vielleicht für wohltätige Zwecke oder spenden Geld oder organisieren und betreiben gemeinnützige Einrichtungen zur Verbesserung der Gesellschaft – aber wie viele von uns erreichen wirklich das Maß an Opferbereitschaft, Liebe für andere und Weltbewusstsein, das erforderlich ist, um sich moralisch weiterzuentwickeln? Wie viele von uns streben überhaupt einen solchen allumfassenden Dienst für die Menschheit an? Wie viele von uns entwickeln ein Herz, das Einheit ausstrahlt?

 

Die Bahá’í-Lehren sagen, dass jeder Einzelne danach streben kann, Einheit in der Welt zu schaffen:

„Denkt über andere, nichtmenschliche Lebensformen nach und lasst euch ermahnen: Wolken, die auseinanderdriften, können den Segen des Regens nicht erbringen; sie sind bald verloren. Eine verstreute Schafherde fällt dem Wolf zur Beute. Alleinfliegende Vögel fängt schnell der Habicht. Was gibt es für eine bessere Beweisführung, dass Einheit zu blühendem Leben führt, während Uneinigkeit und Abkehr von den anderen nur ins Elend stürzt, denn das ist der sichere Weg zu bitterer Enttäuschung und Vernichtung.“ (2)  

 

Einheit, erinnert uns ‘Abdu’l-Bahá, führt zu einem blühenden Leben, und Uneinigkeit führt zu ihrem Gegenteil. Man kann diese Lebenslektion überall in der physischen Welt sehen: Wenn man eine Baustelle sieht, den Bau einer neuen Straße oder eines neuen Gebäudes oder einer neuen Organisation, erfordert dies Einheit. Es braucht Teamwork, Überzeugung, Zusammenarbeit und Kooperation, um so ziemlich alles aufzubauen. Wenn man dagegen Zerstörung sieht, deutet dies auf Uneinigkeit. Wenn ein Gebäude langsam zusammenbricht, wenn sich eine Kultur verschlechtert, wenn sich eine Gruppe von Menschen zerstreut und nicht mehr zusammenhalten kann, ist die Einheit, die sie einst ganz gemacht hat, gescheitert:

„Überlegt, wie Freundschaft und Eintracht bei der Menschheit zu Wohlergehen, Glück, Freude und Behagen führen, wogegen Streit und Missklang fast immer Not, Erniedrigung, Unruhe und Versagen bewirken.“ (3)

 

Es ist leicht, dieses Prinzip in Aktion zu sehen… die Bahá’í-Lehren sagen:

„… wenn du an Feldern und Anpflanzungen vorbeikommst, siehst du die Pflanzen, Blumen und duftenden Kräuter reich und fruchtbar zusammen wachsen und ein Muster für die Einheit abgeben. Das ist ein Beweis dafür, dass diese Anpflanzung, dieser Garten unter der Fürsorge eines erfahrenen Gärtners gedeiht. Siehst du diesen Garten aber in einem Zustand der Unordnung und Verwahrlosung, so schließest du daraus, dass ihm die Pflege eines erfahrenen Landmanns fehlt und er demzufolge Wicken und Unkraut hervorbringt.

Das zeigt, dass Freundschaft und Zusammenhalt auf die Ausbildung durch einen wahren Erzieher hindeuten, Auflösung und Trennung jedoch Beweise für Barbarei und Mangel an göttlicher Erziehung sind.

Ein Kritiker mag einwenden, die Völker, Rassen, Stämme und Gemeinden der Welt hätten verschiedene, voneinander abweichende Gebräuche, Gewohnheiten, Geschmacksrichtungen, Charaktere, Neigungen und Ideen; ihre Ansichten und Gedanken seien gegensätzlich. Wie könnte da wahre Einheit offenbar werden und vollkommener Gleichklang zwischen den Menschenseelen eintreten?

Wir antworten, dass es zwei Arten von Verschiedenheit gibt. Die eine Art bewirkt Vernichtung und gleicht der Abneigung zwischen kriegführenden Nationen und kämpfenden Stämmen, die sich gegenseitig zerstören, die Familien entwurzeln, einander die Ruhe und den Wohlstand rauben und ein Blutbad anrichten wollen. Die andere Art ist ein Zeichen der Mannigfaltigkeit; sie ist das Wesen der Vollkommenheit und bewirkt, dass die Segnungen des Allherrlichsten Herrn erscheinen.“ (4)

 

Wenn also jedes Herz lernen könnte, Einheit auszustrahlen, könnten wir diese Liebe, Güte und Akzeptanz auf jedes Mitglied der menschlichen Familie übertragen:

Die Gemeinschaft, in der Welt des Verstandes und der Seelen, ist Ausdruck der Zusammensetzung und förderlich für das Leben, während Zwietracht und Uneinigkeit Ausdruck der Zersetzung sind und dem Tod gleichkommt. Ohne Zusammenhalt zwischen den einzelnen Elementen, aus denen sich das Gemeinwesen des Körpers zusammensetzt, müssen Auflösung und Zerfall unweigerlich folgen und das Leben wird ausgelöscht. Bei vielen wilden Tieren herrscht keine Gemeinschaft. Der Geier und der Tiger sind Einzelgänger, während Haustiere in völliger Harmonie zusammenleben. Die Schafe, schwarz und weiß, verbinden sich ohne Streit. Die meisten Vögel verschiedener Arten und Farben erheben ihren Flug und ernähren sich ohne eine Spur von Feindschaft oder Uneinigkeit. Daher ist es in der Welt des Menschen klug und schicklich, dass alle einzelnen Mitglieder Einheit und Verbundenheit leben. (5)

… jedes Herz sollte Einheit ausstrahlen.

 

 

Quellen:

  1. ‘Abdu’l-Bahá, Ansprachen in Paris
  2. ‘Abdu’l-Bahá, Briefe und Botschaften
  3. ebd.
  4. ebd.
  5. vgl. ‘Abdu’l-Bahá, The Promulgation of Universal Peace, p. 55.

 

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Mit freundlicher Genehmigung von BahaiTeachings.org – Artikel von David Langness

Übersetzung und Anpassungen Mazloum Media, Druck & Verlag, 2020

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